„Ja natürlich. Definitiv. Und ich merke, dass die Freude auch wieder zurückkommt.“ Die Antwort von Bente Kraus auf die provokante Frage „Sind Sie noch eine Eisschnellläuferin?“ macht deutlich: die 29-Jährige ist nach extremen Knie-Problemen auf einem guten Weg zurück, die Entwicklungen in der Reha zeigen, dass es für die Berlinerin voran geht.
Das sah lange anders aus. Im November 2017 hatte die WM-Siebte (2016) und -Achte (2017) über 5000 Meter die Reißleine gezogen. Der Gesundheitszustand ließ keine Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Korea zu. „Ich musste einen Schlussstrich ziehen. Das war am Ende befreiend, auch wenn dadurch ein Traum platzte. Es hätte auch keinen Sinn gemacht, es mit Hängen und Würgen doch zu probieren – und dann reißt womöglich in PyeongChang die Sehne. Es war bitter, aber in ein Loch bin ich deshalb nicht gefallen“, sagt Bente Kraus.
Olympia also nur im Fernsehen („ich habe jedes Rennen gesehen“) und dafür unzählige Behandlungsrunden. Der Heilungsprozess aber verzögerte sich, ein Indiz für die Schwere der Verletzung, eine geschädigte Quadrizepssehne im rechten Knie. Beim OSP Berlin fand die Skaterin professionelle Hilfe – auf physischer wie psychischer Ebene. Mit Reha-Trainerin Annika Brinkmann verbindet sie inzwischen eine Freundschaft. „Auch die Physiotherapie- und die Mentaltrainerin sowie der langjährige Verbandsarzt Gerald Lutz halfen, meine Situation Tag für Tag zu bewältigen.“ Stets an ihrer Seite Heimcoach Uwe Hüttenrauch. Aus der „Ferne“ unterstützten ihre früheren Betreuer Thomas Schubert und Stefan Gneupel. Das System „Comeback“ hat viele Väter, natürlich auch Partner Jonas Pflug, der 2017 seine aktive Kufen-Karriere beendete und im Juni seine Bente zum Traualter führen wird.
Mit der Hoffnung, dass der Heilungsprozess weitere Fortschritte macht. Bente Kraus gewährt Einblick in die worst-case-Phase. „Treppensteigen, von Bett, Couch und Toilette aufzustehen“ funktionierten nicht. „Unglaublich, dass man sein Körpergefühl so verlieren kann.“ Jetzt beweg sie sich im Alltag wieder schmerzfrei, tastet sich ans Hanteltraining heran und die allerjüngsten MRT-Bilder zeigen wie sich das malträtierte Gelenk stabilisierte. „Natürlich bin ich nicht bei 100 Prozent“, weiß die Realistin, nicht zum ersten Mal medizinisch aus der Bahn geworfen. Aber der Begriff „Zurückkämpfen“ begleitete ihre Karriere ebenso konsequent. Deshalb war Aufgeben keine Option. Im Gegenteil: Bente Kraus trieb ihr Studium (Grandschullehrerin) voran, weil es keine Garantie gibt, dass es auf dem Eis wieder so „flutscht“ wie bei zahlreichen Top-Ten-Leistungen im Weltcup.
Ein Gespräch mit DESG-Präsidentin Stefanie Teeuwen vermittelte Sicherheit, „dass man mir die Zeit zum Zurückkommen gibt. Ich will ja keinen Freifahrtschein, aber es kann auch sein, dass ich eine ganze Saison benötige, um wieder richtig dabei zu sein. Und dafür bin ich der Verbandsspitze sehr dankbar.“ Denn ein Comeback, um in der B-Gruppe zu versauern, ist nicht der Anspruch. Möglichst bald vorne anklopfen lautet das Ziel. Vielleicht bei der Heim-WM 2019 in Inzell.